Sehr geehrte Damen und Herren,
was motiviert uns zu Veränderungen? Unserer Ansicht nach verändern sich Menschen aus zwei Gründen: Sie haben große Ziele oder sie haben einen großen Leidensdruck. In der Organisationsentwicklung ist dies ähnlich. Der Veränderungswille rührt oft daher, dass wir uns unseren Arbeitsalltag betrachten, Dinge finden, die uns nicht gefallen, uns klar machen, was wir wollen und uns darauf konzentrieren, bis wir es erreicht haben. Die Basis dieser Art des Erschaffens ist die Suche nach dem Fehler – etwas stimmt nicht oder ist noch nicht so, wie es sein sollte. Dieser Motivation für Veränderung liegt ein Korrekturbedürfnis zugrunde oder der Leidensdruck, Fehler zu beheben.
Schauen wir als Führungskraft nur durch die Fehlerbrille, passiert Folgendes: Gewohnheitsmäßig suchen wir nach Korrekturmöglichkeiten und laufen dabei Gefahr, Kleinigkeiten zu größeren Fehlern hochzuspielen. Zudem verlieren wir die Wertschätzung für das Erreichte. In unserem Kulturkreis sind wir stark darauf ausgerichtet, unsere Aufmerksamkeit auf Probleme, Defizite und Fehler zu lenken. Wir verweilen lange in der Analyse, um die Ursachen zu finden, damit wir den Problemen besser begegnen können. Umso komplexer der Arbeitsalltag jedoch wird, umso aufwändiger ist dieses Unterfangen. Eine starke Fehlerorientierung hat einen weiteren Nebeneffekt – sie führt in Organisationen oft zu einer Art Jammerkultur. Je tiefer die Probleme erörtert werden, je mehr Raum sie einnehmen, desto weniger lösbar scheinen sie. In den USA gibt es ein passendes Sprichwort dazu: Problem talk brings problems, solution talk brings solutions. Gerade in Kliniken, wo Fehler schwerwiegende Auswirkungen auf Patienten und Mitarbeiter haben können, wird notwendigerweise viel Energie für Fehlervermeidung und -analyse eingesetzt. Daher ist es gerade hier wichtig, einen Ausgleich zu schaffen und Veränderungsmotivation über Ziele zu erzeugen. Zielorientierte Führung in diesem Kontext bedeutet, die Fähigkeit und Bereitschaft zu haben, Situationen danach zu bewerten, was sie an Möglichkeiten und Entwicklungen enthalten, und unsere Aufmerksamkeit bewusst darauf zu richten. Dies beinhaltet gleichzeitig die Wertschätzung dessen, was wir schon erreicht haben.
Eine unterstützende Übung hierzu ist das wertschätzende Interview* mit sich selbst. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit, schauen Sie auf Ihre Abteilung und beantworten Sie die folgenden Fragen:
- Was schätzen Sie an Ihrer Abteilung besonders?
- Was schätzen Sie an Ihren Mitarbeitern/ Kollegen besonders?
- Was schätzen Ihre Mitarbeiter/ Kollegen vermutlich besonders an Ihnen?
- Wenn Sie an die letzten Monate zurückdenken: gab es da bestimmte herausfordernde Situationen/ Veränderungen, die Sie besonders gut gemeistert haben und in denen Sie sich stark und energievoll gefühlt haben? Bitte erinnern Sie sich: Was war das für eine Situation/ Veränderung? Wie ist Ihnen der Erfolg gelungen? Was macht diese Situation/ Veränderung heute noch so wertvoll für Sie?
- Wo sehen Sie heute Entwicklungen in Ihrem Unternehmen/ in Ihrer Abteilung, die Ihnen persönlich Kraft und Vertrauen geben?
- Was sind Ihre drei größten Wünsche für Ihre Zukunft?
Im Namen des gesamten Teams der Ruhl Consulting AG wünschen wir Ihnen viel Spaß und spannende Erkenntnisse beim weiteren Lesen des Newsletters.
Mit herzlichen Grüßen
Stefan Ruhl und Dr. Elke Eberts
(Vorstand der Ruhl Consulting AG)
*frei nach R. Seliger in: Das Dschungelbuch der Führung – ein Navigationssystem für Führungskräfte, Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg, 2008, Se. 100 ff.