Liebe Leser,  

über die Zukunft der Arbeit und zukunftsfähige Modelle für Arbeitsgestaltung wird aktuell viel diskutiert. Unter Schlagworten wie „New Work“, „Holacracy“, „Reinventing Organizations“, „Augenhöhe – Demokratisierung der Arbeitswelt“ u.a.m. geht es insbesondere auch um die Gestaltung der Teamarbeit. Wie unter anderem die Ergebnisse des Monitors „Führung im Wandel“*, im Rahmen dessen 400 Führungskräfte in Tiefeninterviews befragt wurden, zeigen, glauben viele Führungskräfte, dass „hierarchische“ Strukturen ausgedient haben und Selbstorganisation in den Vordergrund tritt.   

Die Einführung von sich selbst steuernden Teams wird zur Lösung erkoren für Organisationen, die sich von hierarchischen Strukturen verabschieden und flexibler werden wollen. Wie die Praxis zeigt sind die Resultate sehr unterschiedlich. Wir fragen uns deshalb, was sich selbst steuernde Teams erfolgreich macht?  

Als erstes denkt man dabei in der Regel wohl an die Führung. Beispiele für Flächenbrände, die wirklich schlechte Führung hinterlassen kann, weiß wohl jeder aus mehr oder minder eigener Berufserfahrung zu berichten. Frühere Untersuchungen zeigen dennoch, dass auf mittlere Sicht der Einfluss von Führung gegenüber dem strukturellen Aufbau eines Teams überschätzt wird.**  

Insbesondere bei der Einführung von selbstorganisierten Teams kommt es entscheidend auf den Teamaufbau im Sinne der Rahmenbedingungen an. Eckpfeiler dieser Rahmenbedingungen, die den Erfolg ausmachen, sind u.a.:**

  • eine klare und verbindliche langfristige Zielsetzung – das Team weiß, wozu es initiiert wurde, was von ihm erwartet wird
  • kurz- bis mittelfristige Teamziele – das Team orientiert sich in jeder Etappe an Leistungszielen, die mit den Unternehmenszielen übereinstimmen
  • echte Teamaufgaben – das Teams muss wirklich zusammenarbeiten müssen, um seine Aufgaben zu bewältigen
  • Verantwortung für die Arbeitsgestaltung – das Team, nicht der Vorgesetzte, entscheidet über die grundlegenden Arbeitsstrategien
  • Teamregeln, die strategisches Denken fördern – die Teammitglieder entwickeln die Fähigkeit, über den eigenen Bereich hinauszusehen   

Betrachtet man die Rolle der Führung, so zeichnet sich förderliches Führungsverhalten bei selbstorganisierten Teams vor allem dadurch aus, dass die Führungskraft von einer anweisenden Rolle in eine beratende Rolle wechselt. Sie stärkt die Verantwortung der Gruppe, berät bei Problemlösungen, moderiert Konflikte im Team und stellt notwendige Informationen etc. zur Verfügung. Wenig förderlich wirken dagegen Eingriffe in die Aufgabengestaltung, Verantwortungsdelegation an nur einzelnen Teammitglieder oder das Übergehen von Teamentscheidungen.  

Betrachtet man nun den Zusammenhang von Teamaufbau und guter Teamführung, so lassen sich interessante Beobachtungen machen:***

  • Auf schlecht konzipierte Teams hat gute Führung kaum Auswirkungen.
  • Dagegen wirkt gute Führung auf gut konzipierte Teams sehr verstärkend. Teams, die sorgfältig zusammengestellt wurden und über eine entsprechende Struktur verfügen, verbessern ihre Selbststeuerung noch zusätzlich, wenn sie gut geführt werden.
  • Führungsfehler haben weniger Einfluss auf gut konzipierte Teams.
  • Schlecht konzipierte Teams entwickeln sich unter dem Einfluss weniger guter Führung dagegen noch weniger.    

Das zeigt, wie wichtig beim Aufbau erfolgreicher Teams eine ganzheitliche Betrachtung von Organisationsrahmen und -struktur, Führung und natürlich auch Verantwortungsübernahme durch die Teammitglieder ist. Und es zeigt auch, dass gute Aufbauarbeit den notwenigen Rahmen gibt, um Führung zu entlasten und Führungsfehler – die selbst den besten Vorgesetzten passieren – auszugleichen.  

Im Namen des gesamten Teams der Ruhl Consulting AG wünschen wir Ihnen heute viel Spaß und spannende Antworten beim Lesen des Newsletters.              

Mit herzlichen Grüßen

Stefan Ruhl und Dr. Elke Eberts
(Vorstand der Ruhl Consulting AG)   

* Monitor „Führungskultur im Wandel“, Herausgeber: Initiative Neue Qualität der Arbeit, September 2014,
www.forum-gute-fuehrung.de/sites/default/files/INQA_MONITOR_GUTE_FUEHRUNG_web_es.pdf
**vergleich u.a. Ruth Wageman: So haben sich selbst steuernde Teams Erfolg, in der Zeitschrift für Organisationsentwicklung, 1/99.  
*** vergleich ebenda, S. 49