Newsletter Mai 2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ein Mann kam von der Arbeit nach Hause und fand seine 3 Kinder draußen im Garten, noch in ihren Schlafanzügen, mit Chipstüten, die Tür des Autos seiner Frau war offen, genauso wie die Tür zum Haus, aber vom Hund war weit und breit nichts zu sehen. Er spazierte durch die Tür ins Haus und fand eine noch größere Verwüstung vor. Eine Lampe war umgeworfen, der Fernseher lief laut mit dem Kinder-Kanal und im Wohnzimmer lagen überall Spielsachen und Kleidung verstreut. In der Küche füllten dreckige Teller das Becken, Frühstücksessen lag auf dem Esstisch verteilt und die Kühlschrank-Tür stand weit offen. Er lief schnell die Treppe hinauf, um nach seiner Frau zu suchen, da er besorgt war, dass etwas Ernstes geschehen sein könnte. Als er im Schlafzimmer ankam, fand er seine Frau noch im Schlafanzug einen Roman lesend im Bett. Sie blickte zu ihm auf, lächelte und fragte, wie sein Tag war. Er sah sie verwirrt an und fragte, 'Was ist hier heute passiert?' Sie lächelte wieder und antwortete, 'Du fragst mich jeden Tag, wenn Du von der Arbeit nach Hause kommst, was in aller Welt ich den ganzen Tag gemacht habe, richtig?' 'Ja und…' fragte er verständnislos. Sie antwortete, 'Naja, heute habe ich es nicht gemacht!'

Nun fragen Sie sich sicher, was diese Geschichte mit dem Thema Führung zu tun hat. Vielleicht haben Sie auch schon eine erste Idee. Fritz B. Simon stellt zwei Typen von Tätigkeiten in Organisationen gegenüber: die „Künstlerarbeit“, die kreativ ist, an Veränderungen und Überraschung orientiert ist, und die „Hausfrauenarbeit“, die die bestehende Ordnung aufrechterhält und in der gegenseitigen Zusammenarbeit die Normalität sichert [1]. Blickt man mit dieser Klassifizierungsbrille auf das Thema Führung, so ist ein großer Teil dieser Aufgabe „Hausfrauenarbeit“. Hausfrauenarbeit hat zwei Charakteristika: wie in der Geschichte dargestellt neigen andere dazu, sie erst zu bemerken, wenn sie nicht mehr stattfindet und der Arbeitsbereich im Chaos zu versinken beginnt und zum anderen ist sie eine immerwährende Aufgabe, die jeden Tag aufs Neue beginnt und erledigt werden möchte. Führung ist ein Dauer-Pflegeauftrag: das kontinuierliche Instandsetzen des Arbeitsraumes. Diese Seite der Führung findet jedoch wenig Beachtung und wird in der dafür benötigten Zeit stark unterschätzt. Damit teilt sie das Los der Hausfrauenarbeit. Führungskräfte, die lieber auf der „schillernden“ und gestaltenden Seite der Führungsaufgaben stehen, sollten sich also beizeiten nach einer guten Haushaltshilfe umsehen und all den Mitarbeitern, die für die unverzichtbaren Routineaufgaben zuständig sind, ausreichend Anerkennung und Wertschätzung zollen.

Im Namen des gesamten Ruhl Consulting-Teams wünsche ich Ihnen viel Spaß und spannende Erkenntnisse beim weiteren Lesen des Newsletters.

Stefan Ruhl
(Vorstand der Ruhl Consulting AG)

[1] Vgl. Simon, F.B. CONECTA: „Radikale“ Marktwirtschaft. Grundlagen des systemischen Managements, Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg 1992 und Seliger, R.: Das Dschungelbuch der Führung – Ein Navigationssystem für Führungskräfte, Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg 2008