Die Akquise internationaler Patienten - Chance oder Risiko?

Während die Weltwirtschaft sich immer globaler vernetzt und Geschäfts- und Kundenbeziehungen quer über den Globus in vielen Branchen längst zum Alltagsgeschehen zählen, üben sich auch Kliniken vermehrt in Internationalisierungsstrategien. Der zunehmende Wettbewerb fordert die Suche nach neuen Wegen der Umsatz- und Kostenoptimierung. Und so erheben sich viele Häuser aus dem nationalen Dornröschenschlaf der letzten Jahrzehnte und wagen sich auf das internationale Parkett rund um die Gewinnung ausländischer Patienten. Doch die extrabudgetären Zusatzeinnahmen sind z. T. teuer eingekauft und manch eine Klinik findet sich in einem wahren Wirtschaftskrimi wieder. 

Der Aufbau eines internationalen Einweisermanagements stellt eine große Herausforderung dar und erfordert die konsequente Ausrichtung des Krankenhauses auf die kulturell und religiös geprägten Bedürfnisse der Patienten. Eine Hauptschwierigkeit besteht im Aufbau von Kooperationsstrukturen, die einen Zugang zu internationalen Einweisern ermöglichen. Hierfür bietet sich die Zusammenarbeit mit sogenannten Patientenvermittlern an – ein Markt, der allerdings auch für Geschäftsleute mit zweifelhaftem Gebaren attraktiv erscheint und deshalb mit Vorsicht zu genießen ist.

Einige schmerzliche Erfahrungen mit Vermittlern musste auch das Klinikum Stuttgart erleben, das sich im Jahr 2004 für die aktive Akquise von internationalen Patienten entschied. Teils langwierige Vertragsverhandlungen und oft schleppende Zahlungsmoral führten zu Außenständen in den Behandlungskosten sowie großer Unzufriedenheit bei den Chefärzten als zentralen Leistungserbringern. Die Umgangsformen einiger Vermittler gegenüber Mitarbeitern und Patienten, sowie ihre teilweise mangelhafte Arbeitsqualität, endeten in schwindender Motivation und Kooperationsbereitschaft des Krankenhauspersonals und grundsätzlichen internen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit des Geschäftsfeldes.

Daher etablierte das Klinikum vor drei Jahren eine International Unit (IU), mit der Zielsetzung eine organisatorisch solide Basis für die Akquise und Betreuung internationaler Patienten zu schaffen und die Qualitätssicherung des Kooperationsmanagements zu verbessern.

Als Kriterien für die Auswahl der Kooperationspartner wurden Seriosität, Transparenz gegenüber dem Krankenhaus und gegenüber den Kostenträgern, Arbeitsqualität und kulturelle Sensibilität festgeschrieben. Der Aufbau mittel- und langfristiger Kooperationen stand dabei im Vordergrund.

Das Klinikum Stuttgart setzt auf das Konzept der Kernkompetenz: das Haus selbst fokussiert sich auf die hervorragende medizinische Behandlung der Patienten sowie die reibungslose Gestaltung der administrativen Abläufe durch die IU, während externe Kooperationspartner sämtliche nachgefragten Serviceleistungen wie Organisation der Reise, Dolmetscher oder die Unterbringung von Angehörigen anbieten.

Die definierte Vorgehensweise zur Gewinnung der Patienten wird mit dem Kooperationspartner detailliert abgestimmt und koordiniert. Aufgrund der umfangreichen Marktkenntnis und eines gut etablierten Netzwerkes in den Zielländern ist neben dem Klinikum auch der Vermittler in der Lage, wichtige Kontakte anzubahnen und das Klinikum als Marke zu verkaufen. Auch hierfür ist eine äußerst vertrauensvolle Zusammenarbeit essentiell. Die Bilanz nach drei Jahren IU ist für das Klinikum Stuttgart durchaus positiv: Das Konzept stellt sich als sehr erfolgreich heraus und führt das Klinikum zu einer deutlichen Erhöhung seines Umsatzes mit internationalen Patienten. Durch die Professionalisierung des Gesamtprozesses ist zudem die interne Akzeptanz und Mitarbeit gestiegen. Ein Erfolgsmodell, das somit zur Nachahmung empfohlen werden kann.

Ergänzende Informationen finden Sie in: Management & Krankenhaus 10/2011

Autoren:
Katharina Ade, Projektmanagerin Ruhl Consulting AG
Andreas Braun, Leiter International Unit Klinikum Stuttgart


 

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