Die Entwicklung medizinischer Fachabteilungen

Identifikation von strategischen Erfolgsfaktoren zur langfristigen Ergebnissicherung

Im Rahmen unserer Projektarbeit zeigt sich immer wieder, dass für die Reorganisation von medizinischen Fachabteilungen fünf Erfolgsfaktoren entscheidend sind. Wir wollen im Folgenden an dem Best Practice-Beispiel einer kardiologischen Fachabteilung eines Universitätsklinikums diese Erfolgsfaktoren veranschaulichen.

Erfolgsfaktor: Ganzheitliches Vorgehen – „Gemeinsam ein Zelt aufstellen“

Der Erfolg eines Reorganisationsprojektes begründet sich entscheidend aus seinem ganzheitlichen Ansatz. Das Bild „Wir spannen gemeinsam ein Zelt“, transportiert diesen Ansatz. Es unterstützt die eingebundenen Mitarbeiter darin, von Anfang an die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Teilprojekten eines Reorganisationsprojektes zu verstehen. Unsere kardiologische Fachabteilung besteht z. B. aus vier zentralen Standbeinen. Übertragen auf die Metapher, sollen diese gleich Zeltstangen gemeinsam im Rahmen eines Reorganisationsprojektes neu aufgestellt werden, damit das Zelt am Ende stabil steht. Konkret könnten solche Zeltstangen folgende Teilprojekte abbilden:

  • Reorganisation der Stationsbetriebe und Standardisierung von Prozessabläufen
  • Aufbau eines zentralen Bettenmanagements
  • Reorganisation der Herzkatheterlabore in Verbindung mit den vor- und nachgelagerten Schnittstellen
  • Reorganisation der Funktionsdiagnostik und Poliklinik

Erfolgsfaktor: Umsetzungsbegleitung als zentraler Projektbaustein

Erfolgreiche Prozessoptimierungsprojekte zeichnen sich dadurch aus, dass die Phase nach Ist-Analyse und Konzepterstellung mindestens genauso wichtig - wenn nicht noch wichtiger - angesehen wird als die Phasen davor. Entscheidend in dieser Phase sind frühe Erfolge, um die Motivation zu steigern und kritischen Stimmen begegnen zu können. Eine enge externe Begleitung in den ersten drei Monaten trägt unseren Erfahrungen nach viel zum Umsetzungserfolg bei. Nach Freigabe der Konzepte findet eine umfassende Information der Mitarbeiter der Fachabteilung statt. Wichtig ist, dass zeitnah mit der Umsetzung begonnen wird, damit die Mitarbeiter sehen, dass es voran geht, dass nicht nur geredet sondern auch gehandelt wird. Anhand von Prozesskennzahlen wird der Umsetzungserfolg gemessen und in wöchentlichen Feedback-Sitzungen evaluiert und weitere Maßnahmen abgeleitet.

Erfolgsfaktor: Strategische und operative Verantwortungsübernahme durch das Leitungsteam

Nicht nur die Prozesse der Fachabteilung sollten bei einem Reorganisationsprojekt im Fokus stehen sondern auch die strategische Ausrichtung der Klinik. Unter Einbindung seiner Oberärzte sollte ein Chefarzt die Vision und Werte der Abteilung festschreiben und die medizinischen Schwerpunkte definieren. Zudem empfiehlt sich, die oberärztlichen Verantwortungsbereiche mit Hilfe von Organigrammen klar festzulegen, welche die Strukturen von Personal-, Produkt- und Ressortverantwortung abbilden. Die Rahmenbedingungen für die Personalverantwortung steckt ein Personalentwicklungskonzept für den ärztlichen Dienst, welches u. a. ein Mentorensystem und das Curriculum zur Rotationsplanung enthält. Assistenzärzten, denen eine klare Perspektive und Führung geboten wird, entscheiden sich in den aktuellen Zeiten des Ärztemangels leichter für eine Abteilung. Die Produktverantwortung bezieht sich auf das medizinische Leistungsportfolio. Die Ressortverantwortung bezieht sich auf organisatorische Bereiche, wie z. B. Station, Ambulanz, IT, Personal, Marketing. Die enge Einbindung der Oberärzte fördert die Akzeptanz und gleichzeitig stellt sie die Verantwortungsübernahme sicher, was zwingende Voraussetzung für den nächsten Erfolgsfaktor ist.

Erfolgsfaktor: Etablierung selbständiger berufsgruppenübergreifender Feedback-Strukturen

Im Zuge der Festigung von neu definierten Prozessen gilt es, Strukturen für eine langfristige und eigenständige Sicherung zu schaffen. „Wollen – Können – Lassen“ beschreibt einen erfolgreich erprobten Dreisatz zum Aufbau von Kompetenz und Selbstvertrauen. Berufsgruppenübergreifende Führungskräfte-Coachings beschäftigten sich mit den Themen Motivation, Überwindung von Widerständen und Selbstmanagement und setzen den Grundstein zum „Wollen“. Wollen alleine reicht jedoch nicht aus, um langfristig neue Prozesse aufrecht zu halten. Das nötige Methodenwissen muss von uns an den Kunden transferiert werden, damit er „kann“. Dies geschieht in den Projekten u. a. durch Informationsveranstaltungen für alle Mitarbeiter, im Projektfortschritt durch gemeinsame Moderation von Projektgruppen und damit dem Erlernen von Moderationstechniken und durch die Zurverfügungstellung von Vorlagen. Im dritten Schritt geht es noch um die Wissensanwendung; entscheidend ist, dies zu zu-„lassen“. Ein langsamer Rückzug von zunächst einer engen externen Kontrolle zu Beginn hin zu einem regelmäßigen Feedback gegen Ende ermöglicht dabei einen zunehmenden Transfer der Verantwortung. Dazu etablieren wir selbstständige berufsgruppenübergreifende Feedback-Strukturen.

Erfolgsfaktor: Kontinuierliche Überwachung und Weiterentwicklung

Nach Projektabschluss dienen (z. B. halbjährliche) externe Prozessaudits, sog. Feedback-Wochen, bestehend aus Feedback-Runden, Begehungen und Auswertungen von Prozesskennzahlen, der kontinuierlichen Überwachung und Weiterentwicklung der Abteilung. Ein erfolgreiches Reorganisationsprojekt unterscheidet sich vor allem in zwei Aspekten deutlich von anderen Projekten dieser Art: Der ganzheitliche Ansatz verbunden von einer von Beginn an berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit. Kommt als zweiter Erfolgsfaktor die erfolgreiche Verantwortungsübernahme der Leitungskräfte hinzu, steht einer langfristigen Ergebnissicherung nichts mehr im Wege.

--> Ergänzende Informationen finden Sie im Klinikarzt 2011; 40 (10): 384–394.

Dr. Mirjam Pföhler, Ruhl Consulting AG

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