Die Marketingassistenz im klinischen Alltag

In einer Klinik der Inneren Medizin wurde dem Chefarzt eine Marketingassistenz mit dem Ziel zur Seite gestellt, die Marketingfunktion direkt in die Alltagsprozesse der Klinik zu integrieren. Das damit zusammenhängende Verständnis ist, dass es im Klinikmarketing nicht um die isolierte Vermarktung des medizinischen Versorgungsangebotes im klassischen Sinne gehen kann. Vielmehr bedarf die gezielte Positionierung eines medizinischen Angebotes im Markt eines kontinuierlichen wechselseitigen Dialoges mit den Einweisern rund um die gemeinsame kontinuierliche Leistungsverbesserung für den gemeinsamen Patienten.  

Die Funktion wurde im zweiten Quartal 2015 eingerichtet und mit einer Vollkraft besetzt. Mit der Implementierung wurde insbesondere ein ergänzendes Angebot zur Kontaktaufnahme und Betreuung des Praxispersonals der Niedergelassen geschaffen. Mit der Zielsetzung, die Patientenversorgung über die ambulant-stationäre Schnittstelle hinweg qualitativ zu stärken und so Patientenströme durch gute Versorgungsangebote fest an die Klinik zu binden, geht es also eher um Kommunikations- und Prozessoptimierung als um „Feigenblattkosmetik“ (um Missverständnisse zu vermeiden, wurde die Funktion daher auch nicht mit „Marketing“ betitelt).

Schwerpunkt der Funktion ist es, die Patienten- und Netzwerkpflege hin zu den Praxen, im Alltagsbetrieb insbesondere auf Ebene der Erstkräfte in den Praxen, zu institutionalisieren. Gerade zu Beginn der Tätigkeiten hatten Praxisbesuche, um den Kontakt zu den Niedergelassenen zu intensivieren und über den persönlichen Austausch das Beziehungsmanagement zu festigen, erste Priorität. Darüber hinaus ist an der Funktion ein systematisches innerklinisches Einweisermanagement angebunden, welches die Zugangswege der unterschiedlichen Patienten laufend erfasst und evaluiert, Entwicklungen nachverfolgt, Patientenfeedbacks im direkten Gespräch aufnimmt und die patientenbezogene Kommunikation zu den Praxen unterstützt. Ziel ist es, dass die Patientenversorgung als gut abgestimmte gemeinsame Versorgungsaufgabe von Klinik und Praxis wahrgenommen wird.  

Mittelfristig besteht durch diese Form des dienstleistungsorientierten Beziehungsnetzwerkens zu den Einweisern ein erhebliches Potenzial, das Volumen an Einweisungen zu steigern. Unbedingte Verbindlichkeit der Zusagen (z.B. Aufnahmetermin, Bett, Behandler) und Verlässlichkeit sind dabei oberste Prämisse der Marketingstrategie. Im Tagesgeschäft kümmert sich ein Oberarzt direkt darum, auffällige Befunde systematisch mit dem Niedergelassenen zu besprechen. Die Marketingassistenz ist in die Prozesse systematisch eingebunden. Die Klinik war bereits vor Implementierung der neuen Funktion im Marketingbereich durch das Engagement der Ärzte sehr gut aufgestellt. Nun unterstützt die Marketingassistenz die Ärzte in diversen Marketingaktionen, kümmert sich um die Schnittstelle zu Online-Marketing, Presse und PR-Arbeit, Informations- und Werbematerialien, Veranstaltungsmanagement etc.  

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Tätigkeiten, stellte sich die Frage nach hilfreichen Zielvorgaben für die Praxisbesuche, die aufgrund der Erfahrungswerte des ersten Halbjahres realistisch abgeleitet werden konnten:

  • Monatlichen Zielgröße durchschnittlich besuchter Praxen: 50 Dazu mindestens zu dokumentierende Daten: Zuweiser, Besuchsdatum, gegenseitiges Feedback
  • Laufende Abstimmung mit dem Bettenmanagement im Hinblick auf Aufnahme- und Entlassmanagement
  • Vierzehntätige Abstimmung mit dem Leitenden Oberarzt zum Feedback der Zuweiser und Maßnahmenverfolgung   

Wichtige Grundlage für eine Systematisierung der Praxisbesuche wie auch des gesamten Einweisermanagements ist eine gute Dokumentation und Auswertung der Patientenströme und Einweiserdatensätzen. Dazu wurden eindeutige Einweiserdatensätze angelegt, und zu jedem Patienten systematisch der Einweiserkontakt dokumentiert. So können Praxisbesuche mit der Entwicklung der Patientenströme je Einweiser verknüpft ausgewertet werden. Dies ermöglicht eine individuelle Erfolgskontrolle und gleichzeitig eine Datengrundlage zur Entscheidung über mögliche Aktivitäten für Einweiser mit hohem Patientenaufkommen bzw. solche mit niedrigem, die jedoch ausgeweitet werden können. Auf dieser Grundlage lassen sich individuelle Maßnahmenpakete für die Niedergelassenen entwickeln.  

Die Klinik hat kurzfristig im letzten Jahr erreicht, die Patientenzahlen auf hohem Niveau weiter zu steigern und so ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die Marketingfunktion professionalisiert zahlreiche Managementabläufe in der Klinik und unterstreicht durch die laufende Diskussion die Grundhaltung des absoluten Kundenfokus. Eine spürbare Entlastung der Ärzte rund um die Alltagstätigkeiten ist jedoch durch den anhaltend erzielten Wachstumstrend nicht eingetreten.