Organisationsentwicklung im OP: Engpässe beseitigen

In einer Klinik der höchsten Versorgungsstufe konnten durch eine erfolgreiche medizinische Zukunftskonzeption die Erlöse und Fallzahlen der operativen Fächer stetig gesteigert werden. Die zentrale Operationsabteilung umfasst als Herzstück der operativen Versorgung 14 OP-Säle, die auf zwei Standorte aufgeteilt sind. Um den mit dem Wachstum verbundenen Bedarf an OP-Kapazität und OP-Personal langfristig erfüllen zu können, wurde durch die Klinikleitung ein großangelegtes Projekt zur Organisationsentwicklung im Zentral-OP initiiert.

Zentrale Ziele des Projekts umfassten die Etablierung verbindlicher Regelungen und Verantwortlichkeiten zu Abläufen und Strukturen, die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit, die Gewinnung neuer Mitarbeiter sowie die Optimierung von weiteren Schnittstellenbereichen im gesamten Haus.

Projektaufbauorganisation

Die Ergebnisse des Projekts wurden in wöchentlichen Sitzungen in einer Projektgruppe erarbeitet, die sich aus Leitungskräften des Funktionsdienstes und Mitarbeitern der unterschiedlichen Berufsgruppen zusammensetzte. Durch die Einbindung von Vertretern des Betriebsrats konnte von Beginn an eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Interessensgruppen etabliert werden.

In der sogenannten Steuergruppe, die sich aus den Chefärzten der operativen Disziplinen, der Anästhesie und der Geschäftsführung zusammensetzte, wurden die in der Projektgruppe erarbeiteten Ergebnisse monatlich diskutiert, ggf. angepasst und gemeinsam freigegeben.

Ist-Analyse

Zu Beginn des Projekts wurde der OP-Bereich einer umfassenden Analyse unterzogen. Neben einer Sichtung der vorhandenen Controlling-Berichte,
Finanz- und Prozess-Kennzahlen wurden auch zahlreiche Interviews mit Führungskräften und Mitarbeitern der einzelnen Berufsgruppen und Fachabteilungen geführt, um ein umfassendes Bild von der Gesamtsituation im Zentral-OP zu gewinnen. Eine mehrtägige Hospitation vor Ort bildete den Abschluss der Analyse-Phase.

OP-Handbuch

Ausgehend von den Ergebnissen der Analyse-Phase wurden in den Projektgremien gemeinsame Ziele vereinbart und Soll-Konzeptionen erarbeitet. Die resultierenden Prozesse und Strukturen wurden schrittweise in einem Dokument, dem OP-Handbuch, hinterlegt und konkretisiert. Dieses OP-Handbuch definiert sowohl Strukturen wie Organigramm, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter sowie Rahmendienstpläne, als auch sämtliche relevanten Kernprozesse wie Eingriffsplanung, Vorbereitung des ersten Eingriffs, Wechsel zwischen Eingriffen und Ausleitung. Ein OP-Manager stellt sicher, dass die definierten Regelungen von allen Mitarbeitern umgesetzt werden und ist verantwortlich für den möglichst reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts. Als besonders wichtig stellte sich die Optimierung von Schnittstellenprozessen heraus. In einer komplexen Umgebung, wie sie der Zentral-OP darstellt, können Abläufe nur optimal funktionieren, wenn auch vor- und nachgelagerte Einheiten systematisch in die Prozesse integriert sind. Relevante Schnittstellen, die im OP-Handbuch geregelt sind, umfassen etwa die Sterilisationsabteilung, den Patiententransport sowie die Intensivstation und die Notaufnahme.

Teamentwicklung und Motivation

Bereits zu Beginn wurde deutlich, dass die Entwicklung des Teamgedankens und die Mitarbeitermotivation zentrale Themen für ein erfolgreiches Gelingen des Projektes sind. Eine verbindliche und wertschätzende Kommunikation zwischen allen Berufsgruppen und Hierarchieebenen ist unerlässlich in einem Bereich, in dem viele unterschiedliche Erwartungen und Vorstellungen aufeinandertreffen. Ergänzend zur Definition der Prozesse und Strukturen im OP-Handbuch wurden daher berufsgruppenübergreifende Kommunikationstrainings durchgeführt, in denen Grundlagen der Kommunikation und der Umgang mit Konflikten erarbeitet und eingeübt werden konnten. Alle Mitarbeiter wurden regelmäßig durch Informationsveranstaltungen und kurze Informationsbroschüren über den aktuellen Projektfortschritt unterrichtet und konnten jederzeit Feedback über einen „Kummerkasten“ und in vertraulichen Einzelgesprächen mit den Beratern geben. Auf diese Weise konnten die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeiter ganz unmittelbar in das Projektergebnis einfließen.

Umsetzungsbegleitung

Nach der Freigabe des OP-Handbuchs durch Betriebsrat und Geschäftsführung begann die Umsetzungsphase im Zentral-OP vor Ort. Für jede Fachabteilung führten die Berater sogenannte „Trainingswochen“ durch. Während jeweils einer gesamten Woche wurden die Operationsteams der jeweiligen Fachabteilung bei allen Eingriffen und Abläufen begleitet. Am Ende jedes Tages wurde im Rahmen eines kurzen Feedbacks gemeinsam reflektiert, wie gut die Regelungen des OP-Handbuchs bereits umgesetzt werden, wo es Umsetzungsschwierigkeiten gibt und welche Verbesserungsmaßnahmen zusätzlich in Angriff genommen werden sollten. Dieses Vorgehen ermöglichte die Einübung der neuen Prozesse quasi im laufenden Betrieb. Letzte Schwachstellen und Lücken im OP-Handbuch konnten durch die neuen Erkenntnisse geschlossen werden.

Mitarbeitergewinnung und -bindung

Das zentrale Ziel der Ausweitung der OP-Kapazität war nicht zu erreichen, ohne die vorhandenen Mitarbeiter langfristig an das Haus zu binden und zusätzlich neue Mitarbeiter zu gewinnen. Gemeinsam mit der Personalabteilung wurden die bisherigen Maßnahmen und Methoden zur Personalgewinnung und -bindung evaluiert und um weitere Module ergänzt. Elemente umfassten etwa die Einrichtung einer für potenzielle Bewerber attraktiven Webseite des Zentral-OPs, die Erarbeitung eines Weiterbildungskonzepts für die Mitarbeiter sowie die Neugestaltung von Stellenanzeigen. Durch eine Abstimmung der diversen Einzelmaßnahmen konnte die Effektivität deutlich gesteigert werden. So war es möglich, innerhalb von sechs Monaten alle offenen Stellen mit hochqualifizierten Mitarbeitern zu besetzen und die Fluktuation zu minimieren.

Innerhalb eines Jahres konnte die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich gesteigert werden. Die gemeinsam definierten Prozesse werden inzwischen gut eingehalten. Ständige Konflikte um die Zuteilung von OP-Kapazitäten und hohe Arbeitsbelastung im Bereitschaftsdienst gehören der Vergangenheit an. Das Klinikum wird von Mitarbeitern als Arbeitgeber weiterempfohlen, was auch die Personalgewinnung in anderen Bereichen erleichtert. Durch die Besetzung aller offenen Stellen im Zentral-OP konnten zwei weitere OP-Säle geöffnet werden, wodurch das Gesamthaus zusätzliche Erlöse von ca. 8-10 Mio. € erwirtschaftet.

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