Selbstmanagement und Emotionen

Eine wesentliche Voraussetzung für Selbstmanagement ist die Selbstwahrnehmung. Es ist die Fähigkeit, eigene Emotionen wahrzunehmen, diese im beruflichen Kontext zu verstehen und sich seiner eigenen Absichten und Gefühle bewusst zu sein. Wenn wir uns über unsere Gefühle nicht im Klaren sind, können wir sie auch nicht als Energiequellen für unser Handeln nutzen. Stattdessen werden wir von unseren Gefühlen gelenkt und blockiert. Weniger schwierig ist in der Regel der Umgang mit „positiven" Gefühlen, wie Begeisterung, Leidenschaft und das Genießen von Erfolgen.

Situationsgerechtigkeit und Wesensgerechtigkeit für Führungskräfte?

Oft halten sich Führungskräfte an den Ausspruch „Gefühle haben im beruflichen Alltag nichts zu suchen“ und geben ihrer Begeisterung oder Freude keinen Ausdruck. Damit wird viel Potenzial zur Motivation der Mitarbeiter verschenkt. Gerade in Kliniken erleben wir zudem häufig, dass erreichte Erfolge nicht ausreichend gefeiert und gewürdigt werden. Problematisch wird es, wenn wir durch Gefühle wie Wut, Angst, Frustration, Ärger und Panik kontrolliert werden. Auch diese Gefühle stellen, wenn wir sie bewusst wahrnehmen und steuernd damit umgehen, eine große Energiequelle dar. Wut und Ärger verdeutlichen „hier muss etwas geschehen“ und geben Impulse für Veränderungen. Angst macht deutlich „hier stimmt etwas nicht“ und mahnt zur genaueren Betrachtung der Situation. Wichtig ist jedoch der steuernde Umgang mit diesen Gefühlen. Früher wurde z.B. in der Psychotherapie der Ansatz verfolgt, Wut und Ärger kathartisch zum Ausdruck zu bringen. Doch dabei wird meistens das Problem, über das man sich geärgert hat, vergessen und der Impuls zur Veränderung bleibt aus. Mal „ordentlich auf den Tisch zu hauen“ mag im ersten Moment Befreiung verschaffen. Willy Brandt hat jedoch die Wirkung solcher Ausbrüche treffend dargestellt: „es hat niemanden beeindruckt, nicht einmal den Tisch“. Zudem blockieren diese Gefühle, unkontrolliert ausagiert, die Fähigkeiten unseres Gehirns, sich auf das Lösen einer anstehenden Aufgabe zu konzentrieren.

Selbstmanagement bewahrt uns davor, unseren Emotionen ungesteuert ausgeliefert zu sein. Dazu gehört, den Impuls der Emotion wahrzunehmen und im beruflichen Kontext professionell einzusetzen. Selbstmanagement verhindert, dass wir uns von störenden oder aufgestauten Emotionen vom Weg abbringen lassen. Es bedarf einer hohen Konzentration und positiver Energie, um in schwierigen Zeiten als Führungskraft auf dem Weg zu bleiben und das Ziel anzusteuern. Führungskräfte, die über die notwendige Selbststeuerung verfügen, strahlen Optimismus und Zuversicht aus, die wiederum eine positive Resonanz im Veränderungsprozess wiederspiegeln. Zugleich können sie Missstände und Ärgernisse konstruktiv thematisieren und damit Veränderungsimpulse unterstützen.

Da negativ ausagierte Emotionen besonders ansteckend sind und sich sehr leicht von einem oder mehreren informellen Anführern auf eine Gruppe übertragen lassen, ist es für eine Führungskraft besonders wichtig und die vordringlichste Aufgabe, ihre eigenen Emotionen im Griff zu haben. Nur dann können Führungskräfte die Emotionen von Mitarbeitern erfolgreich managen. Führungskräfte, die auch unter großem Veränderungsdruck eine positive Ausstrahlung bewahren können, indem sie mit ihren Emotionen verlässlich umgehen, schaffen eine Atmosphäre von Vertrauen, Sicherheit und Fairness. Dieses Selbstmanagement überträgt sich auch auf die Gruppenmitglieder. Welcher Mitarbeiter möchte auf Dauer als Miesepeter oder Choleriker auffallen, wenn der Vorgesetzte stets ausgeglichen handelt und die Ruhe bewahrt?

Führung erfordert die Fähigkeit, die eigenen „negativen“ Gefühle zu managen und positive Gefühle durchgängig zuzulassen. Verantwortung umfasst die Selbstkontrolle und Steuerung von Stimmung. Ein sehr bedeutsamster Aspekt von Führungsverantwortung.