Die Gestaltung von Wachstumsprozessen in Organisationen

Der Chefarzt der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Inselspital Bern hat seit 2007 den Casemix der Abteilung nahezu verdoppelt. Und dies, obwohl gleichzeitig eine Änderung in der Zurechnungssystematik von Intensivbehandlungen zu Lasten der Abteilung stattgefunden hat. Diese enorme Leistungsausweitung blieb nicht ohne Folgen. Die bald zu knapp bemessenen Bettenkapazitäten in der Neurochirurgie führten aus der Bettennot heraus zu sehr frühzeitigen Verlegungen in Fremdkliniken und nachversorgende Einrichtungen. Soll das angestrebte Wachstum realisiert werden, gilt es daher v. a. die neurochirurgische Normalpflegestation als zentraler Engpassfaktor aufzulösen.

Als Koordinatorin zwischen der strategischen Konzeption des Leistungsportfolios und der kurz- bis mittelfristigen Strukturanpassung im Bereich Normalstation innerhalb der Neurochirurgie wurde eine interne Projektleiterin ins Boot geholt. Ziel war es, Entwicklungsreserven für Leistungssteigerungen im Bereich der Normalstation aus eigener Kraft zu heben und damit die Station optimal auf den Wachstumsprozess vorzubereiten. Perspektivisch wurde dabei ein Wachstum von 32 Planbetten auf etwa 50 Betten als realistisch abgewogene Zielgröße für die Abteilung geplant.

Vor dem Hintergrund der Wachstumspläne wurde ein dreistufiges Managementkonzept als Pilotprojekt für den Bereich der Normalstation erarbeitet. In der ersten Phase werden ohne Ressourcenzuwachs unmittelbar umsetzbare Verbesserungen in der Koordination der Berufsgruppen auf Station und an den Schnittstellen zur Station gegliedert. In die zweite Umsetzungsphase werden Maßnahmen subsummiert, die einer Erweiterung der qualitativen oder quantitativen Personalkapazität auf Station bedürfen. Dazu zählen zum Beispiel die nur sukzessive erreichbare Ausdehnung der Arzt-Präsenzzeiten auf Station oder die administrative Unterstützung der medizinisch-pflegerischen Abläufe durch die Einführung eines Case Managements. Für die dritte Phase werden Aufbau- und Ablauforganisation auf eine Großstation von ca. 50 Betten aufwandsbezogen skaliert. Um ein Konzept aufzubauen, das den Anforderungen aller Umsetzungsphasen im Wachstumsprozess gerecht wird, wurde das Modell „Fünf Phasen der Unternehmensentwicklung“ von Greiner [1] zugrunde gelegt. Es besagt, welche Phasen im Wachstum Organisationen grundsätzlich durchlaufen. Das Modell lässt sich folgendermaßen in einer Wachstumsstufenübersicht zusammenfassen [2]:

Abbildung: Die fünf Phasen des Wachstums [3]

Das Greiner-Modell zeigt auf, welche Fragestellungen auf dem Weg der optimierten Zusammenarbeit bei wachsender Unternehmensgröße zu bewältigen sind, um das kreative Potenzial der Mitarbeiter und ihre Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel hin auszubalancieren. Jedes Unternehmenswachstum gefährdet per se die innere Stabilität des bestehenden Systems und muss den Übergang in einen neuen beständigen Zustand bewerkstelligen. Dabei ist das Greiner-Modell hilfreich, um den Übergang bestmöglich zu bewältigen. Auch auf das Abteilungswachstum einer universitätsklinischen Einheit lässt sich das Greiner-Modell übertragen, wenn ein Ausbau von rund 30 % in den nächsten 5 Jahren angestrebt wird.

Um den Wachstumsprozess auf ein sicheres Fundament zu stellen, gilt es, die Phasenübergänge von Greiner mit dem inhärenten „Krisenpotenzial“ genau zu beleuchten. So können die verantwortlichen Leitungskräfte von Anfang an positiv den zu erwartenden Krisen entgegen wirken. Und wenn die Symptome trotzdem auftreten, können sie besser bewältigt werden, weil sie erwartet wurden. Aufgabe des Pilotprojektes war es, die auftauchenden Fragestellungen im künftigen Veränderungsprozess schon heute in geeigneten Ansätzen zu antizipieren und schrittweise einzuführen.

Den gesamten Artikel und mehr zur praktischen Umsetzung der einzelnen Phasen lesen Sie hier: Eberts, E./ Pföhler, M. (2011), Gestaltung von Wachstumsprozessen in Organisationen, in: Klinikarzt 2011; 40 (11): 384–394.

Literatur:
[1] Greiner, L.E. (1998), Evolution and revolution as organizations grow, in: Harvard Business Review, 1998, 76 (3), S. 55-68.
[2] Recklies, O. (2000), Wachstumsmanagement und die 5 Phasen des Wachstums. (http://www.themanagement.de/Ressources/Wachstumsmanagement.htm)
[3] Eigene Darstellung in Anlehnung an: Recklies, O. (2000), Wachstumsmanagement und die 5 Phasen des Wachstums. (http://www.themanagement.de/Ressources/Wachstumsmanagement.htm)

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