Management psychiatrischer Kliniken

Wenn kein Geringerer als der Geschäftsführer von Hessens größtem kommunalen Gesundheits- und Sozialkonzern, der Vitos GmbH, über das aktuelle Umfeld psychiatrischer Kliniken einen Managementleitfaden schreibt, dann verspricht dies spannende Einblicke. Um es vorwegzunehmen: Das Buch hält, was es verspricht! Es ist nicht nur das erste Werk, das speziell das Management psychiatrischer Kliniken in der gegenwärtigen Aufbruchphase auf dem Weg zum neuen Entgeltsystem beschreibt. Es bietet v.a. einen bunten Blumenstrauß reflektierter und richtungsweisender Informationen in zahlreichen Themengebiete von Organisation, Strategie, Controlling, Risikomanagement über die Patientenperspektive, Vernetzungs- und Wachstumsstrategien, Markenbildung, Krisenkommunikation, Qualitätspolitik bis hin zur Prozessorganisation, zu Personal und Führung. Die Themen sind zugleich kurz und präzise auf den Punkt gebracht, so dass nicht erst ein 1.065-Seiten-Werk wie das Standardwerk von Wöhe in der 24. Auflage entstanden ist, sondern das Wichtigste prägnant und fließend auf 154 Seiten wiederzufinden ist. So liest sich das Buch auch in keiner Weise lexikografisch. Zusammenfassungen am Ende der einzelnen Themenfelder ermöglichen einen sofortigen Kurzüberblick. Durchblitzende persönliche Haltungen und Reflektionen des Firmenlenkers geben dem Buch die richtige Würze.

Sicherlich sind einige Anschauungen kontrovers zu diskutieren. Aber genau das macht das Buch ja gerade auch so spannend. Wenn Belling etwa behauptet, es gäbe in Deutschland mit Ausnahme der Charité keine Klinikmarken, dann trifft das wohl nur zu, wenn man vom internationalen Gesundheitsmarkt ausgeht. Wenn der Markt klein genug definiert ist, etwa auf das Marktgebiet Hessens, dann kann u.E. auch ein lokaler Klinikträger wie Vitos durchaus bereits wenige Jahre nach der Markeneinführung bereits eine feste Marke sein… Ein Schelm, wer hier ein Spiel mit Understatement vermutet ;-) Anders als bei Produkten wie Porsche, Coca Cola etc. prägen sicherlich im Dienstleistungssektor Menschen mit ihrer Fähigkeit, Kunden zu berühren und bei ihnen Wirkung zu hinterlassen, das Markenimage. Dazu zählen alle Leistungsträger am Patienten, im Besonderen auch der Chefarzt. Belling ist der Meinung, eine Marke dürfte nicht auf einer Einzelperson („der Chefarzt als Marke“) aufbauen, da sonst die Nachhaltigkeit der Klinik nicht sichergestellt ist. Wir sagen: doch! Denn im Dienstleistungssektor entsteht wahre Kundenbegeisterung auf der Mensch-zu-Mensch-Ebene. Natürlich ist es ein Risiko auf einzelne Menschen zu setzen, die auf dem Weg abspringen könnten. Aber es ist eben nicht nur ein Risiko, sondern auch eine außergewöhnliche Chance!

In dem Buch darf eine Auseinandersetzung mit der historischen, der gegenwärtigen und der künftigen Marktentwicklung und den anstehenden leistungsorientierten Entgelten in Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) nicht fehlen. Und sie fehlt auch nicht. Vielmehr ist sie statisch sorgsam recherchiert und führt die wachsende Bedeutung der psychiatrischen Versorgung plastisch vor Augen. Das Motto mit dem das Buch im ersten Satz startet „Mehr Pep(p) in der Psychiatrie!“ kennzeichnet nicht zuletzt den roten Denkfaden durch das Werk. Eine durch den Gesetzgeber induzierte Veränderungswelle ist in Gang gesetzt, an der sich die weitere Organisationsentwicklung der Psychiatrien ausrichtet, indem sie sich systematisch auf das Erzielen von Ergebnissen konzentriert. In Zeiten der Veränderung kommt der Führung eine besondere Aufgabe zu – und zwar auf allen Hierarchieebenen und in allen Berufsgruppen.

Vernetzung und eine patientenzentrierte Prozessorganisation sind spannende Aufgaben der Psychiatrie in den nächsten Jahren. Das Buch macht Lust, die anstehenden Chancen der Neugestaltung am Schopf zu packen – ohne die Risiken zu ignorieren. Sicherlich wird dieser schnelle Wandel eine Konzentration der Kräfte auf die wesentlichen Themen und eine gute Kommunikationspolitik erfordern. Deshalb unsere Empfehlung: nehmen Sie das Buch in die Hand, wenn Sie die Herausforderung in die Hand nehmen wollen!

 Reinhard Belling, Management psychiatrischer Kliniken, Kohlhammer; Auflage: 1. Aufl. (15. November 2012)    

       

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