Organisationales Kompetenzmanagement - Personalentwicklung

Vielfach wird Management heutzutage gleichgesetzt mit dem zielorientier­ten Steuern von Aktivitäten im Unternehmen. Implizit wird dabei angenom­men, dass das Handeln von Managern auf Zielklarheit und Steuerbarkeit beruht. Dies würde bedeuten, dass sich Management auf das Schaffen von Klarheit und das anschließende Ausrichten und Sanktionieren von Handlungen reduzieren lässt. Wenn Sie selbst in einer leitenden Position tätig sind, werden Sie wissen, dass es nicht immer ganz so einfach ist. Beim Führen geht es immer auch um Erkennen und Gestalten von Chancen. Unter diesem Blickwinkel spielt das sogenannte Kompetenzkapital eine wichtige Rolle. Unter Kompetenz verstehen wir die Fähigkeit, in komplexen oder problematischen Si­tuationen selbstorganisiert und kreativ zu handeln. Das gilt für Individuen und ihre individuellen Kompetenzen gleichermaßen wie für Organisationen und ihre organisationalen Kompetenzen. Entsprechend definiert sich das Kompetenzkapital einer Organisation als die Grundlage für das sich selbst organisierende Handeln und Lernen kompetenter Individuen in kompeten­ten Organisationen.

Unternehmen sind erfolgreich sind, die auf Veränderungen ihres Marktes rechtzeitig reagieren, schnell und flexibel Produktinnovationen hervorbringen und dabei interne und externe Kompetenzen effektiv koordiniert und einsetzt. Um das vorhandene Potenzial der Mitarbeiter bestmöglich einzusetzen und weiterzuentwickeln, betreiben fast alle größeren Unternehmen gezielte Personalentwicklung. Kompetenzmanagement auf Ebene der Mit­arbeiter bedeutet, dass nicht nur regelmäßige Fort- und Weiterbildungen zur Verfügung gestellt werden, sondern dass die Mitarbeiter darin unter­stützt werden, die Fähigkeit zur Selbstorganisation zu erwerben. Ziel dieser Form des Kompetenzmanagements ist es, die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, sich eigene Ziele zu stecken und Strategien zu deren Umset­zung selbstständig zu erarbeiten. Auf diese Weise werden Erfahrungen ge­sammelt, welche letztlich einen nachhaltigen Lernprozess bewirken.

Individuelle Kompetenzen allein reichen nicht aus, um eine Organisa­tion zum Erfolg zu führen. Vielmehr müssen auch auf Ebene der gesamten Organisation positive Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zur Entwicklung individueller und kollektiver Kompetenzen beitragen. Diese sind von strategischer Bedeutung und dienen als Grundlage nachhaltiger Wettbewerbsvorteile. Die Kompetenzleistung im organisationalen Sinne beschreiben Schreyögg & Kliesch in „Rahmenbedingungen für die Entwicklung organisationaler Kompetenz" als „eine komplexe Selek­tions- und Verknüpfungsleistung, deren beobachtbares Ergebnis die – je­weils auf einer variablen Mischung verschiedener Ressourcenbestandteile fußende – erfolgreiche organisationale Handlung ist“. Aufgrund ihrer Kom­plexität lassen sich organisationale Kompetenzen nicht direkt planen – sie entziehen sich also der direkten Intervention durch das Management. Was Sie jedoch steuern können, ist die Schaffung entsprechender Rahmenbe­dingungen zur indirekten Beeinflussung der organisationalen Kompetenz. Hierzu zählen die Förderung organisationalen Lernens, eine flexible, auf Feedback- und Selbstkoordination beruhende Organisationsstruktur und eine offene, Kooperation und Vertrauen fördernde Unternehmenskultur.

Im Folgenden stellen wir Ihnen Erfolgsfaktoren vor, die das betriebliche Kompetenzmanagement in Kliniken positiv beeinflussen:

1. „People first“ als Leitgedanke Ihrer Unternehmensphilosophie: Formulie­ren Sie die Vision und Mission Ihrer Klinik so, dass die Bedeutsamkeit ihrer Mitarbeiter daraus klar hervorgeht, und leben Sie selbst diese Phi­losophie vor. Eine Unternehmenskultur, die auf gegenseitiger Wertschät­zung und Respekt aufbaut, ist die Grundvoraussetzung für zufriedene, motivierte Mitarbeiter. Diese wiederum sind der zentrale Wettbewerbs­faktor Ihrer Klinik!

2. Mitarbeiterbefragungen zur Unterstützung Ihrer betrieblichen Prozesse: Erheben Sie in Mitarbeiterbefragungen Erwartungen und identifizieren Sie Verbesserungspotenziale bezüglich der Arbeitsprozesse. Nutzen Sie die Einschätzung Ihrer Mitarbeiter auch hinsichtlich strategisch relevan­ter Prozesse. Indem Sie die Meinung Ihrer Mitarbeiter ernst nehmen und diese in Entscheidungsprozesse zur Gestaltung des Arbeitsumfelds einbeziehen, erhöhen Sie nicht nur die Glaubwürdigkeit des Instruments Mitarbeiterbefragung, sondern schaffen zugleich kontinuierliche Verbes­serungen, die letztendlich zum langfristigen Erfolg Ihrer Einrichtung bei­tragen.

3. Empowerment als wichtiger Baustein für Ihre Organisationsstruktur: Dem Begriff Empowerment liegt die Überzeugung zu Grunde, dass die besten Ideen für Verbesserungen von denjenigen kommen, die am nächsten an der jeweiligen Problemstellung „dran sind“. Zudem bedeutet es, den Mitarbeitern die entsprechenden Entscheidungs- und Kontrollbefugnisse zu gewähren, die sie zum selbstorganisierten Erledigen einer Aufgabe benötigen. Lassen Sie also Ihre Mitarbeiter im Rahmen klar definierter Verantwortungen und Berechtigungen (relativ) frei agieren. Auf diese Weise unterstützen Sie nicht nur deren Problemlösekompetenz und Selbstständigkeit sowie das organisationale Lernen Ihrer Klinik, sondern schaffen sich auch Freiräume für Ihre eigentlichen Kerntätig­keiten als Führungskraft.

4. Flache Hierarchien und Bildung neuer Teamstrukturen: In Kliniken sind funktionale und stark hierarchische Strukturen historisch bedingt weit verbreitet. Verbessern Sie die Arbeitsabläufe in ihrem Haus, indem Sie statt der alten Muster flache Hierarchien pflegen, die – ganz im Sinne des Empowerments – die Verantwortung hin zu Ihren Mitarbeitern verlagern. Bilden Sie Teams zur Unterstützung Ebenen übergreifender Prozesse. Dies erhöht die Flexibilität Ihrer Organisation und stärkt ein abteilungs- und berufsgruppenübergreifendes Gemeinschaftsgefühl. Was zählt, ist nicht das Denken „Wir als Pflege“, „Wir als Station X“, sondern „Wir als Gesamteinrichtung“.

Schreyögg/ Kliesch (2003): Rahmenbedingungen für die Entwicklung organisationaler Kompetenz, Berlin: QUEM-Materialien